Donnerstag, 29. März 2018

Buchausschnitt: Gutes Timing erspart das Clickertraining

Der folgende Blogbeitrag ist ein Ausschnitt aus meinem neuesten Buch - die besten Artikel erscheinen natürlich nicht hier im Blog, sondern exklusiv im Buch. Mehr Infos zu "Tod eines Pferdes - Zirkuslektionen ...": HIER
In einem hat Peter Pfister auf den ersten Blick recht: Das Pferd lernt das, wo wir eine Pause setzen und wenn man ein steigendes Pferd mit netter Stimme beruhigen will, dann ist der Regelfall, dass dies als Belohnung empfunden wird. Das sagte ja schon Pat Parelli: "Druck motiviert, aber es ist das Loslassen, das lehrt."
  • Will ich dem Pferd beibringen, dass es nachgiebig am Gebiss ist, gebe ich in dem Moment nach, in dem es weich wird
  • Soll das Pferd beim Reiten den Rücken wölben, verhalte ich mich in dem Moment passiv, wo es das tut
  • Ist nach wochen- oder monatelanger zäher Vorarbeit endlich der fliegende Wechsel gelungen, springt der Reiter ab und bringt das Pferd in den Stall. (Dieses Vorgehen empfiehlt sich nicht, wenn das Pferd uns Reiter gerade in den Sand gebuckelt hat)

Es gibt aber noch zwei sehr bezeichnende Zitate von Pat Parelli: "If you know the rules, you can break the rules - wenn Du die Regeln kennst, darfst du die Regeln auch mal brechen" oder auch: "Never say never, don't say always always, usually say usually - Sag niemals nie, sag nicht immer immer, normalerweise sag normalerweise." Starre Regeln führen dazu, dass Pferde weniger mit Empathie, sondern vielmehr nach Schema F abgefertigt werden, weswegen die Grundregel im Natural Horsemanship "Es kommt drauf an" lautet. Ein "So macht man das" gibt es eigentlich gar nicht und trotzdem sollte man sich so viel Wissen aneignen wie möglich, denn das "Es kommt darauf an", kann ich nur bedienen, wenn ich aus einem riesigen Pool von Methoden schöpfe, mit denen ich mein Unterbewusstsein füttere. Denn eine Bauchgefühl-Entscheidung ist ein blitzschnelles Abwägen des Unterbewusstseins, das auf eine Fülle von Informationen zurückgreift. Ein Schema F nach dem Motto "Ich brauche drei Wiederholungen, bis ein Verhalten sitzt" wie Pfister es in seiner Stellungnahme vom 22.12.2017 beschreibt, scheidet für mich persönlich aus. Dazu foppe ich meine Horsemanship-Schülern gerne mit folgender Frage: "Was ist eins plus eins?" - "Zwei" - "Richtig". Damit wäre die Frage ja geklärt, wenn ich die Frage dann aber ein zweites oder drittes Mal wiederhole, dann fühlen sich die Schüler schnell verschaukelt. Warum sollte es unseren Pferden anders gehen? Wenn es gut war, höre ich auf und nur wenn ich Verbesserungsbedarf sehe (den das Pferd auch leisten kann), mache ich weiter. Natürlich müssen wir Übungen wiederholen: Aber am nächsten Tag geht es ja auch, denn am gleichen Tag riskiere ich, dass es schlechter wird.



Als wir unsere Jungpferd Queenie, (das ist eine, die mit einem Selbstbewusstsein, das durch keine Tür passt, gesegnet ist), eingeritten haben, wollten wir ihr irgendwann beibringen, dass man mit ihr alleine ausreiten kann und - wie so oft auch bei Leitstuten, die Verantwortung übernehmen müssen - sind die Selbstbewussten im Gelände unsicherer als die eher ängstlichen Pferde, die sich dankbar der Führung des Menschen anvertrauen. Es dauerte nicht lange und Queenie entdeckte etwas Gruseliges im Gebüsch und wollte umdrehen. Ich habe die beiden in der Anfangszeit aus einigen Metern Entfernung verfolgt (Safety first), sah, dass es sinnlos schien, wenn Larissa durchzusetzen versucht, dass sie über diese Hemmschwelle hinweg geht, habe dann von hinten gebrüllt: "Steig ab oder kehr um", und sie antwortete: "Aber lernt die dann nicht, dass sie damit durchkommt?" - "Das riskieren wir", brüllte ich von hinten und Larissa kehrte um. Beim nächsten Ausritt ist Queenie problemlos an dieser Stelle vorbei gegangen. Wir Menschen lernen oft zu geradlinig, was fürs Fluchttier Pferd sehr suspekt ist, denn die denken auf Umwegen - landläufig "um die Ecke denken" genannt. 

Auch wenn die Pause dem Pferd in der Tat einen Weg zum richtigen Verhalten weist, so sollten wir das nicht zu sklavisch sehen: Pferde sind Lebewesen und keine Automaten und ob positive Konditionierung wirklich vom Pferd als Respekt und Empathie empfunden wird ... daran habe ich meine Zweifel, denn es kann auch etwas Herablassendes haben. Jemanden konditionieren zu wollen, sagt aus, dass wir dem Gegenüber wenig Intelligenz zu trauen. Deswegen ist hier das (lustige) Abschlußvideo, wie Sheldon versucht Penny in "The Big Bang Theory" zu konditionieren und ihr Freund das als respektlos empfindet.


Wer kein Schema F im Pferdetraining möchte, der findet in meinen Büchern (isbd. den ersten beiden) weitere Trainingsansätze, die auf Umwegen zum Ziel kommen und - auch wenn es dem menschlich angeborenen geradlinigen Denken widersprechen mag - viel schneller und nachhaltiger zum Ziel führen.

Tod eines Pferdes: Zirkuslektione...

Steiner, Nicola
8,99Buch
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