Auch wenn es noch so schön ist mit einem Pony im guten Mittelfeld zu landen, aber wenn am Montag noch fast eine Woche German Open übrig ist, wo man mit dem Pony dann nur noch grasen geht: das sind traurige Aussichten.
Ich selbst war bitterlich enttäuscht und zwar vom Universum, denn ich hatte Larissa beim Universum den Titel des deutschen Meisters bestellt und das hatte dann offensichtlich doch nicht geliefert. Wobei es in der Jugend-Reining bei einem ersten Platz ohnehin EWU-Champion geheißen hätte, denn der Titel Deutscher Meister gehört quasi der FN. Die FN-Reining haben wir aber nicht genannt, weil wir zu geizig waren. Ärgerlich, dass bei den Jungen Reitern nur acht oder neun Starter waren, denn dann wäre Larissa selbst als Zehnte wenigstens im Finale dabei gewesen. Wie man es macht, ist es ja bekanntlich verkehrt.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, denn die Kaderchefin nahm Larissa am nächsten Tag zur Seite und fragte sie, ob sie sich zutrauen würde, am Samstag die Reining für die Mannschaft zu reiten. WOW !!!" Die oben erwähnte andere potentielle Reining-Reiterin sollte nämlich den Trail reiten, da diese in dieser Disziplin ganz an der Spitze ist.
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Weil die Rheinland-Jugendmannschaft im Vorjahr gewonnen
hatte, durften die Mädels die Deutschland-Fahne herein tragen |
Es wurde also noch richtig spannend für das Rheinland, auch wenn es am Vormittag besser begann, als man es sich in den schönsten Träumen hätte ausmalen können: Ein zweiter Platz im Trail, ein erster Platz in der Pleasure und ein Zweiter in der Westernhorsemanship. Daher dachte ich: "
Tada, jetzt kann Larissa sich zurück lehnen und bequem das Streichergebnis sein" (von fünf Ritten werden nur vier gezählt).
Zwar war auch die Mannschaft von Baden-Württemberg ganz nah dran, aber knapp vorbei ist bekanntlich auch vorbei und dann passierte es: Unsere Reiterin in der Ranchriding hatte Pech, weil beim einfachen Galoppwechsel drei statt der erlaubten zwei Trabtritte waren und landete mit einem ansonsten fast perfekten Ritt nur noch auf Platz neun. Bei 13 Mannschaften bedeutet das, dass sie für ihren Ritt vier Punkte erhielt und der Erstplatzierte dieser Disziplin 13, worauf in unserer Tribüne mental zu Rechenschiebern und Taschenrechnern gegriffen wurde: "
Wenn wir die vier Punkte streichen, Baden Württemberg aber zehn Punkte streichen muss .... eins im Sinn ...., dann kann das Streichergebnis das Endresultat kippen". Aber was wäre, wenn jetzt Larissa nur zwei oder drei Punkte oder im schlimmsten der Fälle nur einen Punkt erhält? Ich hätte nicht mit Larissa tauschen wollen: Was für ein Druck, der ja ohnehin schon immens groß ist, wenn dieses winzige Ponylein gegen zwölf Reining-Quarterhorses antreten muss.
Alle guten Ratschläge in den Wind geschlagen
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Interne Teambesprechung mit Reining-Tipps der zweiten Reiningreiterin |
Wenn ich Larissa wäre, dann wäre ich vor lauter Aufregung wahrscheinlich schon beim Einreiten vom Pferd gepurzelt. Aber über Larissa hat unser Trainer ja auch schon gesagt, sie wäre ein "toughes Girl", als sie auf unserer steigenden Queenie in einer quasi lebensbedrohlichen Situation auch noch gelacht hat (
Queenie war sauer, weil ihre Mutter Fancy auf dem Platz und sie in der Reithalle war). Ob Larissa aufgeregt war, weiß ich nicht, aber anscheinend alle anderen Kaderreiter samt Müttern, denn die ergänzten des Trainers Ratschläge ("
Reite vorwärts") mit ihren Ratschlägen (
"Reite NICHT vorwärts"). Die Mutter einer anderen Kaderreiterin, nahm Larissa kurzum beiseite und sagte ihr: "
Geh' kein Risiko ein, reite einfach sauber", und auch die andere Reining-Reiterin verriet Larissa in der Abreitehalle noch einige Tipps, die Larissa sodann versehentlich in den Wind geschlagen hat. Sie sollte wohl kleinere Zirkel reiten, damit es nach mehr GO aussieht, aber dagegen hatte Lucky in der Prüfung sein Veto eingelegt. Diese Reiterin war am Vortag übrigens Vize-Vize-Deutsche Meisterin geworden - unsere Wortschöpfung für die Bronze-Medaille und zwar mit einem (in unseren Augen) sensationellen Score von 205. Jetzt hätte man ja meinen können, dass diese Reiterin daraufhin zur Kaderchefin geht und sagt, dass sie besser geeignet wäre für den Mannschaftsritt, aber weit gefehlt. Es blieb dabei: Larissa sollte reiten und damit würde Larissas Reiningritt darüber entscheiden, ob es eine Gold- oder Silbermedaille wird.
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Die kleinstmögliche Decke wird wohl eine unserer Stuten erben |
Dachte ich zumindest, bis jemand hinter mir sagte, dass im Vorjahr durch die Streichergebnisse bereits eine Mannschaft vom ersten auf den vierten Platz abgerutscht sei. Umso mehr hing jetzt alles an Larissa und als sie in die Ostbayernhalle ritt, sah Lucky noch viel kleiner aus als vorher (
sieht man ja schon an der Kaderdecke, worunter er fast komplett verschwindet) und schnell war er auch nicht wirklich - bis auf die Spins. Klar, schon schnell genug für eine gut sichtbare Speedcontrol, aber eben nicht spektakulär und auch bei den Rundowns brüllten wir uns auf der Zuschauertribüne die Seele aus dem Leib: "Go, go, go."
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Was nicht passt, wird passend gemacht: Blanket umgeschlagen |
Vergeblich: Das Tempo des Ponys blieb unverändert und der erste Stopp war dann auch nicht so dolle, dafür waren aber die beiden anderen nicht sooo schlecht. Man fragt sich aber schon: "
Warum hat der kleine Kerl im Training meterlange Stoppspuren, aber in der Prüfung nicht?" Gemeckert hat aber niemand und jeder, der an uns vorbei ging, sagte etwas wie: "
Bist eine schöne Reining geritten, Larissa", sogar Linda Leckebusch, worüber wir uns besonders freuen, weil Larissa da ja nächste Woche ihr bronzenes Westernreitabzeichen macht und wir hoffen, dass Linda uns ein paar Tipps geben kann, wie wir aus unserer "Badewanne" Queenie wieder ein Jungpferd machen (
Queenies Problem ist HIER nachzulesen). Als wir an Lindas Mutter vorbei gingen, fragte diese, wie es gelaufen sei und da die Kaderchefin da auch gerade herumsaß, habe ich die Frage ratzfatz weiter gegeben und Frau Chefin sagte, dass zwar der eine Stopp nicht so dolle war, aber auch: "
Die Nerven muss man erst mal haben, wenn es so auf Messers Schneide steht und dann auch noch gegen all die Reining-Quarters." Sehr nette Kommentare, wobei ja nett die kleine Schwester von Sch... ist, denn es klang bei niemandem wirklich so, als würde man denken, dass Larissa ganz, ganz vorne dabei ist.
Die Spannung erreicht ihren Höhepunkt: Gold oder Silber?
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Am Freitagabend war es wie Weihnachten: Geschenke für den Kader |
Die Minuten zogen sich wie Kaugummi, während weiterhin im German-Open-Fanblock des Rheinlandes wild spekuliert wurde und wir erfuhren, dass es soeben von den Richtern fünf geschlossene Umschläge gegeben hatte, wobei es um eine Jokerdisziplin geht, die uns nicht betraf. Das Geheimnis darum wurde erst in der Siegerehrung gelüftet, während wir mit Worten wie: "
Die anderen waren zwar alle schneller und spektakulärer als Du, aber dafür hatten sie auch Fehler", getröstet wurden. Als endlich die Siegerehrung eingeleitet wurde, war ich dem Nervenzusammenbruch nahe und als klar war, dass das Rheinland auf jeden Fall eine Medaille erhält, weil nur noch drei Mannschaften übrig waren, bekam ich einen Kloß im Hals und Tränen in die Augen.
Als dann nur noch das Rheinland und Baden-Württemberg übrig waren, war ich kurz davor, Rotz und Wasser zu heulen und als sich das Rheinland dann den Pokal zurück geholt hatte, habe ich wohl nur noch lautstark gekreischt und gejubelt: Larissa hatte in der Reining den dritten Platz gemacht mit einem Score von 205, nur einen halben Punkt vom zweiten und einem ganzen vom Ersten entfernt und hatte ganze elf Punkte erritten: Die Reining-Kader-Mädels waren also sensationell im Doppelpack. Wie frustrierend, dass ich mein Kind jetzt nicht einmal spontan umarmen konnte, weil die ja unten in der Arena war. Den Kuscheljob hat dann unser Trainer spontan übernommen, der Larissa an der Schulter anstupste, um sie dann herzlich in den Arm zu nehmen. Die andere Kader-Reiningreiterin hatte er am Vortag sogar vor Begeisterung über die Bronze-Medaille hochgehoben. Fazit: Wir sind auch menschlich bei genau dem richtigen Trainer gelandet und schon flossen bei mir erneute Tränen der Rührung. Den Kloß im Hals wurde ich gar nicht mehr los, weil der Gratulationsstrom gar nicht mehr versiegte und dann bin ich losgeflitzt und musste auch schnell jemanden umarmen: Die beste Kaderchefin, die man sich denken kann, der ich dafür gedankt habe, dass sie an meine Tochter und ihr Pony geglaubt hat. Sie sagte, dass das natürlich auch hätte schief gehen können, aber: "
Wir sind hier bei der EWU und die ist rasseoffen und wenn ein Pony das kann, dann soll es das auch machen." So eine mutige, toughe Frau, dass man vor ihr nur den Hut ziehen kann.
Der rote Zauberfaden
Und weil ja der rote Faden des Turnierblogs in diesem Jahr das
Gesetz der Anziehung war, habe ich sie gefragt, ob sie diese Entscheidungen nach Bauchgefühl trifft und sie sagte: "
Nicht nur - ich schaue mir natürlich auch die Ritte und die Scoresheets an." Allerdings hätte sie auch einmal gezweifelt, weil Lucky sich beim
Turnier in Hünxe wegen Austreten einen Fünfer-Penalty eingefangen hatte. Sie habe während des ganzen Rittes gedacht: "
Nicht treten, Lucky" und auch mir kam genau dieser Gedanke in den Sinn, aber weil ich ja allmählich lerne, wie man das Gesetz der Anziehung bedient, habe ich blitzschnell ins Mantra "
Saubere Galoppwechsel" gewechselt, denn das Wort "nicht" kennt das Universum eben nicht. Wenn also jemand "Nicht treten" denkt, dann versteht das Universum entweder Bahnhof und Koffer klauen oder schlimmstenfalls: "
Bitte treten." Larissa hat übrigens im Gedankenkarrussel auch fleißig mitgemischt und mir im Nachhinein erzählt, dass sie gedacht hatte: "
Wenn ich das schon reite, dann will ich kein Streichergebnis sein", worauf ich sie fassungslos fragte, ob sie eigentlich von allen guten Geistern verlassen gewesen sei (scheinbar nicht).
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Deutsche Mannschaftsmeisterin mit Goldmedaille & Siegerdecke |
Und weil die guten Geister Larissa immer wohlgesonnen sind (
sie hat ja auch mal einen kostenlos Platz bei einem Kurs von Pat Parelli in Florida gewonnen), ist sie zu allem Überfluss auch noch das Risiko eingegangen das Pony nicht übermäßig zu treiben, damit es nicht verspannt und hat stattdessen alle Ratschläge ihres Trainers in den Wind geschlagen und stattdessen dem Pony was geflüstert: "
Du bist der Beste. Du machst das so toll und ich bin stolz auf Dich." Vor dem Ritt hatte sie ihm wohl aber gesagt, dass sie ihn nicht mit nach Hause nimmt, wenn er sich keine Mühe gibt, aber das war natürlich nur ein kleiner Scherz, denn unseren Lucky würden wir - trotz leerer Kassen - noch nicht einmal verkaufen, wenn uns jemand Zehntausend Euro bietet, die uns der oben erwähnte Herr auf Nachfrage prophezeit hatte. Aber das machen wir nicht: Das Pony-Maskottchen bleibt im Rheinland, um genau zu sein im Bergischen Land im schönen Dorf Scheel.
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